50jähriges Jubiläum unserer Organistin am 22.10.2017

Ein halbes Jahrhundert im Dienste der musica sacra: Seit 50 Jahren spielt Waltraud Kihn mit Leidenschaft die Kirchenorgel

Am 19. Sonntag nach Trinitatis begrüßte Pfarrer Andreas Werner die Gemeinde zu einem besonderen Tag in der Gustav-Adolf-Kirche. Man wollte dafür danken, dass Traudl Kihn seit 50 Jahren in jedem Gottesdienst die Orgel spielt. An diesem Sonntag würde der Kirchenchor zur Ehre Gottes und zur Ehre der Organistin singen. Sie selbst dirigierte den Chor, während Dekanatskantor KMD Thomas Riegler die Orgel spielte.

„Herr Gott wir danken Dir mit Orgeln und Trompeten“, hieß denn auch das erste Lied. Furios führte Thomas Riegler in den Gesang ein, wie bei allen folgenden Liedern auch, bevor die Gemeinde einstimmte. Ein echter Könner am Instrument, ohne Traudl Kihns Leistungen schmälern zu wollen. Auch sie ist Organistin und Dirigentin mit Leib und Seele. Die Chorbeiträge – Kyrie, Gloria und Halleluja und „Jauchzet Gott alle Lande“ waren ein angemessener Jubiläumsbeitrag, ein Geschenk, das sich Taudl Kihn selbst gemacht hat. Das Evangelium erzählte von der Heilung des Gelähmten, worauf Pfarrer Werner auch in der Predigt Bezug nahm. Was die Gemeinde in diesen Gottesdienst geführt hat, sei doch Glaube gewesen. Denn Tradition könnte auf Dauer nicht der Grund sein. Glaube lasse auch Menschen die Orgel spielen, 50 Jahre, Sonntag für Sonntag, nur der Glaube könne etwas vollbringen. Im Evangelium sieht Jesus den Glauben der Freunde, die ihm den Gelähmten vor die Füße gelegt haben. Ihre Hoffnung habe Heilung versprochen. Das Wunder ist der Glaube, der heil macht. Auf die heutigen Gottesbesucher übertragen, bedeute es: wir kommen ins Haus, Jesus ist im Haus, spricht uns frei von Schuld, wir sitzen ihm zu Füßen und er spricht im Evangelium zu uns, nimmt Hoffnungslosigkeit aus dem Herzen und legt viel Hoffnungsvolles hinein und das ist die Therapie. Und am Ende sagt er, nun geht wieder heim. Und der Glaube sei auch der Grund, dass Traudl Kihn über Jahrzehnte die Orgel spielte.

KMD Thomas Riegler, der sie bereits vor 10 Jahren bei ihrem 40-jährigen Jubiläum begleitete, sprach in seiner Laudatio davon, dass Traudl Kihn vor 50 Jahren das erste Mal im Gottesdienst gespielt habe und seit über 30 Jahren in Mellrichstadt regelmäßig spiele, und das praktisch jeden Sonntag und dazu noch bei den Kasualien Beerdigungen, Taufen, Hochzeiten usw. Das sei nicht selbstverständlich und ein Glücksfall für die Gemeinde. Es werde immer schwieriger, Orgelbänke zu besetzen, weil der Nachwuchs fehlt. Es gehe ja nicht nur um das sonntägliche Spielen, sondern die Stücke wollen auch geübt werden, weil Orgelspielen schwer sei. Aber die Orgel sei ein tolles Instrument, was dazu noch kostenlos zur Verfügung steht. Mit den einzelnen Registern hat der Organist ein ganzes Orchester vor sich. Und dieses Orchester muss nach der Pfeife des Organisten tanzen. Es sei ein erhebendes Gefühl, wenn man in die Tasten greift und die Orgel braust. Von Pfarrer Werner wisse er, dass die Zusammenarbeit zwischen ihm und der Organistin hervorragend funktioniert. Sie berät und unterstützt ihn in musikalischen Fragen. Auch das sei ein Glücksfall für die Gemeinde, wenn Kirchenmusiker und Pfarrer harmonieren. Nachdem Traudl Kihn nun im Ruhestand ist, würde es sie vielleicht reizen, ein etwas anspruchsvolleres Orgelstück anzupacken. Oder vielleicht hätte sie Lust, einen Kinderchor zu gründen oder mit Konfirmanden zu singen. Denn auch hier fehle der Nachwuchs. Als Geschenk überreichter er ihr neben der Urkunde des Verbandes evangelischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in Bayern ein von ihm verfasstes Stück „Ich will dich segnen“, einen Singspruch zu 1. Mose 12,2 für 4-stimmig gemischten Chor und Klavier. Pfarrer Werner meinte dann „Jetzt wird sie gekrönt“ und überreichte ihr eine bepflanzte Krone. Die Krone für die Königin, die an der Königin der Instrumente, der Orgel, spielt. Dabei dankte er ihr im Namen des Kirchenvorstandes. Mit seiner Liebe zur Vielfalt im Gottesdienst lade er Traudl Kihn jede Woche was auf, aber es sei toll, wie sie seine Wünsche zum allergrößten Teil umsetze. Sie sei ein Grund, weshalb er und seine Frau sich hier so wohlfühlen. Während des anschließenden Stehempfangs, den der Kirchenvorstand liebevoll vorbereitet hat, überreichte Monika Marcus im Namen der Damen und Herren des Kirchenchors eine Orchidee.

13 Jahre war Traudl Kihn alt, als sie 1964 mit dem Orgelspielen begann. Als ihre Heimatgemeinde Schonungen ohne Orgelspiel war, animierte der damalige Pfarrer sie und mehrere Jugendliche, das Orgelspiel zu erlernen und fuhr sie dann immer nach Schweinfurt. Kantor war der Bezirkskantor aus Bad Kissingen. Drei Jahre – von 1964 bis 1967, hat sie so das Spiel erlernt und mit dem Diplom „kirchenmusikalische Ausbildung für Laienorganisten“ (heute vergleichbar der D-Prüfung) die Ausbildung beendet. Zwischenzeitlich hatte sie aber schon in der Kirche mit dem Orgelspiel begonnen, zunächst mit einem Choral am Sonntag und dann mit immer weiteren Stücken. Ihre Prüfung hat sie wohl so gut gemacht, dass der Bezirkskantor ihr empfohlen hatte, Kirchenmusik zu studieren. Letztlich hat sie sich aber doch für das Lehramt entschieden, ist der Kirchenmusik aber bis heute treu geblieben. Gern hat sie sich damit in der Kirche engagiert. Während ihres Studiums und auch noch zwei Jahre nach Beendigung, als sie schon nach Mellrichstadt versetzt war, fuhr sie am Wochenende immer in ihre Heimatgemeinde zum Orgelspiel. Nachdem sie in Mellrichstadt ihre Stelle angetreten hatte, ging sie meist in die Kirche nach Mühlfeld. Als der dortige Organist, Herr Stingl, aus gesundheitlichen Gründen aufgehört hat, spielte sie auf Wunsch von Pfarrer Vieweger gerne dort die Orgel. Dabei spielte sie auch in den Gemeinden, die zu Mühlfeld gehörten: Sondheim/Grabfeld, Bahra und Roßrieth. Von Organistin Anni Gluth hatte Traudl Kihn dann in Mellrichstadt deren Krankenhausandachten übernommen. Und da in Mühlfeld genügend Nachwuchsorganisten da waren, ist sie zu Pfarrer Zahners Zeiten nach Mellrichstadt zum Orgelspielen gekommen und war von da an hier integriert. 1985 hat sie mit einem Kirchenchor mit dem Kanonsingen ganz klein angefangen. Nach und nach entwickelte sich der Chor zu einer ansehnlichen Truppe, allerdings gibt es auch hier ständige Fluktuation.

1987 feierte Traudl Kihn ihr 20-jähriges Jubiläum als Organistin, beim 30-jährigen Jubiläum war gerade Pfarrer Werner neu im Amt und Friedemann Häßler Bezirkskantor und Kirchenmusikdirektor. Zum 40-jährigen Jubiläum wurde sie als kleiner Engel auf der Orgelbank bezeichnet, dies in Anspielung auf ihr Faible für Engel, die in vielerlei Variationen zu mehreren Dutzend als reizende Figuren bei ihr zu Hause zu finden sind.

Bild und Text: Brigitte Gbureck