Reformationsjubiläum - Vom Konflikt zur Gemeinschaft: Informationsveranstaltung am 20.09.2017

„Die Spaltung unter uns Christen ist ein Skandal“

Auf Einladung des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt der ELKB (kda), vertreten durch Evi Pohl, Sozialsekretärin bei diesem Dienst mit Sitz für Unterfranken in Schweinfurt, fand am Mittwochabend im evangelischen Gemeindehaus in Mellrichstadt eine Informationsveranstaltung mit Kirchenrat Pfarrer Andreas Werner als Referent statt. „Reformationsjubiläum – Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ war das Thema überschrieben. Evi Pohl stellte Pfarrer Werner als Ökumenebeauftragten des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg vor. Ökumene würde eher im Kleinen schon lange vor Ort funktionieren, stellte sie dabei fest. Auf seinen Titel Kirchenrat eingehend, stellte Pfarrer Werner klar, dass er damit rein ehrenamtlich für 500.000 evangelische Christen ökumenisch zuständig ist. Der Kirchenkreis Ansbach-Würzburg arbeitet auf ökumenischer Ebene mit den vier Diözesen Bamberg, Würzburg, Eichstätt und Augsburg zusammen. Sein Gegenüber auf katholischer Seite in der Diözese Würzburg ist der Ökumenereferent Dr. Pedro Müller.

Versiert und anschaulich mit einer Powerpointpräsentation untermalt stellte er dann die Konfessionsgeschichte seit 1517 dar. An diesem Abend würde es um bilaterale Ökumene gehen zwischen römisch-katholischer und evangelisch-lutherischer Kirche. In der multilateralen Ökumene ist die ACK (Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen) in den Städten zu finden, dazu gehören viele freie Kirchen, die durch die Flüchtlingsbewegung in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Der Titel „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“ stammt von einem Buch und beinhaltet ein gemeinsames lutherisch-katholisches Reformationsgedenken 2017, das mit dem Reformationsfest am 31. Oktober 2017 zu Ende geht und ein Jahr die Kirche bewegt hat. Manchmal entstehe der Eindruck, dass es an der Basis ökumenischer zugeht als in den Gremien. In den Themenbereichen Exegese, Neu-/Alttestamentliche Theologie sei Ökumene schon längst erreicht. Anders in der Dogmatik, wo es sehr wohl Unterschiede gebe. „Luthers reformatorisches Programm stellt auch für heutige Katholiken und Lutheraner eine geistliche und theologische Herausforderung dar“, heißt es in dem von der Kommission herausgegebenen Buch. Soll man es Gedenken oder Jubiläum nennen? Jubiläum würde implizieren, dass es ja auch ein Leiden an der Reformationsgeschichte gibt, nämlich die Spaltung. Gedenken würde nur die Spaltung in den Blick nehmen. 2017 ist das erste Reformationsgedenken, das im Zeitalter der Ökumene stattfindet, im Zeitalter der Globalisierung, und das sich mit der Notwendigkeit einer neuen Evangelisierung mit Blick auf die Zunahme der Säkularisierung befassen muss.

Vier Chancen und Herausforderungen sieht das Gedenken. Eine ist, die Geschichte gemeinsam zu erzählen. Wie wird Martin Luther erinnert: der Mönch mit Wurzeln im klösterlichen Leben, der Zeuge Jesu Christi, der Garant des wahren Glaubens, der Anführer der Lutherischen. Durch den Buchdruck konnten seine Thesen schnell verbreitet werden. Die einzelnen Jahrhundert-Jubiläen hatten jeweils eigene Überschriften. Das Reformations-Jubiläum 1617 nannte Luther „den Lichtbringer“. Ein Aufklärer, wie 1717 beschrieben, war er gewiss nicht. Er war ein mittelalterlich lebender Mensch, modernes Denken war ihm fremd. Auch der „deutsche Heros“, wie er 1817 genannt wurde, ist in Frage zu stellen. Nationalheiliger, Erfinder der deutschen Sprache war er, ja. Zum 400. Geburtstag wurde er als Freiheitsheld dargestellt, im Reformationsjubiläumsjahr 1918 als Kämpfer für die rechte Sache. Das Jahr war geprägt vom 1. Weltkrieg. Das Zeitalter der Ökumene beinhaltet zusammengefasst die Katastrophen des 20. Jahrhunderts, die Gründung der ökumenischen Bewegung (Ökumene gab es schon immer), die „Märtyrer des Blutes“, die als katholische und evangelische Christen in Gefängniszellen saßen und ihr Blut für das Wagnis für Jesus Christus vergossen haben, aber in der Wahrnehmung, dass es keine konfessionelle Frage war.

Mit dem 2. Vatikanum hat Papst Johannes XXIII. die Fenster der katholischen Kirche geöffnet. Die erfolgte Einrichtung der Volksaltäre ist eine evangelische Sache. Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung 1999, die wechselseitige Anerkennung der Taufe 2007 und die Fluchtbewegung nach Europa von 2015 sind weitere Meilensteine der Ökumene. Zum 500. Geburtstag Luthers 1983 ist die katholische Kirche in ihrer Lehrmeinung weit davon entfernt, Luther als Ketzer zu bezeichnen. „Luther hat bekanntlich keine neue Kirche gewollt. Er hat die Kirche reformieren wollen, er war ein Reformkatholik“, stellte Joachim Wanke, emeritierter Bischof von Erfurt, fest. Als Resümee wird unter anderem festgehalten: „Mit Blick auf 2017 geht es nicht darum, eine andere Geschichte zu erzählen, sondern darum, diese Geschichte anders zu erzählen“.

Aussagekräftig ist ein Bild, auf dem Papst Franziskus die schwedische Erzbischöfin Antje Jackelén, die deutscher Abstammung ist, zum Reformationsgedenken in Lund am 31. Oktober 2016 umarmt. „Wir dürfen uns nicht mit der Spaltung und der Entfremdung abfinden, die durch die Teilung unter uns hervorgerufen wurde …“, sagte der Papst damals in Lund, wo er und der Präsident des Weltbundes, Bischof Munib Younan, gemeinsam ein bilateral-ökumenisches Dokument unterschrieben haben. „An der Basis wie auch oben – der persönliche Kontakt ist das Wichtigste“, sind zwei Fotos überschrieben, die zum einen den Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und den EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm fröhlich beieinander sitzend zeigen und zum anderen eine Begegnung von Papst Franziskus mit dem EKD-Ratsvorsitzenden. Eine weitere Herausforderung ist, Räume der Versöhnung zu eröffnen und der Prozess „Healing of memories“ mit Versöhnungsgesten. Dazu gehört die Geschichte der gegenseitigen Verletzungen. Ökumene ist der gemeinsame Weg, bei dem schon die Verbindungen und Begegnungen stattfinden. Der Heilige Geist führt an Stellen zusammen, wo er nicht vermutet wird, ist sich Pfarrer Werner sicher.

Evi Pohl dankte ihm für den guten Vortrag und überreichte ihm ein Päckchen Luther-Kaffee mit der Aufschrift „Gemeinsam verändern wir die Welt“. Zu Beginn wurden zwei Händepaare gezeigt. Es waren die von Bischof Friedhelm auf katholischer und von Reginalbischöfin Gisela Bornowski auf evangelischer Seite, die zwei Kreuzbalken ineinander fügten. Das Gleiche konnten auch die Besucher am Ende der Veranstaltung tun.

Bild und Text: Brigitte Gbureck